Simone-Tatjana Stehr: „Gute Ideen genügen nicht“

17.06.2016

CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr über Mehrheiten im Stadtrat. Die Christdemokraten wollen 2020 stärkste Fraktion werden.

Seit Oktober ist Simone-Tatjana Stehr Vorsitzende der Oberhausener CDU-Fraktion. Diese Aufgabe erfüllt die 45-Jährige neben ihrem Vollzeit-Job. Sie ist Lehrerin, am Zentrum für Lehrerausbildung in Oberhausen tätig und Landeskoordinatorin für den Wettbewerb „Jugend debattiert“. Wir sprachen mit ihr über die ersten Erfahrungen in ihrer neuen Funktion.

Wie haben Sie sich in die Arbeit und die Funktion der CDU-Fraktionschefin eingefunden?
Stehr: Man braucht auch einige Zeit, die Strukturen und Abläufe genau kennenzulernen. Und eigentlich bleibt diese Arbeit ja doch immer ein Prozess. Es gibt keinen Punkt, an dem man sagen kann: „So, jetzt ist es gut.“ Insofern ist man nie wirklich angekommen.

Werden Sie mehr Aufgaben an andere Fraktionsmitglieder abgeben?
Ja, sicher. Ich habe schließlich einen Vollzeitberuf, den ich ausübe. Auch wenn man bestrebt ist, möglichst viele politische Bereiche zu durchdringen und sich dann dort auch auskennt, braucht man seine Stellvertreter, die Sprecher in den Ausschüssen und auch alle anderen Fraktionsmitglieder, die bei uns Fachleute für ganz viele Bereiche sind. Das nimmt den Vorsitzenden einer Fraktion aber nicht aus der Verantwortung. Grundsätzlich glaube ich auch, dass Frauen besser als Männer abgeben und loslassen können.

Und Sie haben einen neuen Fraktionsgeschäftsführer...
Ja, Frank Lamers, er kam von außerhalb der Lokalpolitik. Durch ihn bekommt man noch einmal einen anderen Blick für Dinge, quasi eine Sicht von außen.

Haben Sie in Ihrer Fraktion neue Talente entdeckt?
Ja, habe ich. Wenn ich eine Aufgabe abgebe, bin ich über das Ergebnis positiv überrascht. Zum Beispiel, wenn es darum geht, Themen der Fraktionsklausur auf den Punkt zu bringen.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den anderen Parteien/ Wählergemeinschaften der sogenannten Opposition, also den Linken, BOB und Bürgerliste?
Es ist interessant und herausfordernd. Gemeinsam haben wir ja auch schon Dinge auf den Weg gebracht, wie etwa die Parkraumbewirtschaftung am Kaisergarten, die Prüfung der OGM nach dem Handy-Skandal und die Erhöhung der Zügigkeit an Schulen gegen Verwaltung und Ampelkoalition. Man schaut außerdem genauer hin, wenn man versucht, ein Ziel gemeinsam mit Partnern zu erreichen. Es geht darum, die Sache im Blick zu haben, ohne jeweils eigene politische Positionen völlig aufzugeben. Manchmal gelingt ein Konsens, manchmal auch nicht.

Besteht nicht die Gefahr, dass die parteipolitischen und auch ideologischen Grenzen bei einer Kooperation zu verschwinden drohen, jedenfalls für den Außenstehenden?
Wir alle ringen um die besten Ideen. Und da beziehe ich auch die Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP mit ein. Wir alle haben den Auftrag, im Interesse der Stadt zu handeln. Das Ziel muss es sein, Gemeinsamkeiten zu finden und Dinge anzustoßen. Das wird nicht immer gelingen, und es ist auch nicht erforderlich, dass es immer gemeinsam mit allen gelingt.

SPD, Grüne und FDP haben ja nach der verlorenen Oberbürgermeisterwahl erklärt, dass sie die Ampelkoalition fortsetzen werden. Glauben Sie, dass die Drei dies bis zur nächsten Wahl 2020 durchhalten können, beobachten Sie vielleicht jetzt schon Auflösungserscheinungen?
Wir machen keine Gegnerbeobachtung. Am besten fragen Sie die Ampelkoalition selbst. Unser Streben ist es, 2020 stärkste Fraktion zu werden.

Würden Sie es verneinen, wenn man sagt, die Ampelkoalition bröckelt hier und da schon etwas?
Aus meiner Sicht bewegt sich gerade alles. Ich kann nicht beurteilen, ob die Ampelkoalition bleibt oder nicht. Klar ist: Man braucht Mehrheiten, es genügt nicht, gute Ideen zu haben und gute Argumente. Mir ist dabei auch wichtig, respektvoll miteinander umzugehen, mit allen im Rat. Ich möchte um der Sache Willen die Stadt Oberhausen nach vorne bringen.

Gibt es Schwerpunktthemen, die Sie in den nächsten Jahren haben?
Sauberkeit, Sicherheit, die Stadtteilentwicklung, die Bildung. Der nächste Haushalt der Stadt steht bevor. Dort geht es auch für uns darum, wie man Projekte, Ideen und Anstöße gegenfinanzieren kann. Wie schon gesagt, es geht bei den aktuellen Ratverhältnissen darum, für die vernünftige Sache eine Mehrheit zu finden. Die OGM ist ein weiteres wichtiges und wahrscheinlich strittiges Thema.

(c) aus: WAZ/NRZ Oberhausen, Denise Ludwig und Frank Helling, 17.06.2016